Tag 99 - Schwere Jungs in Tokyo

Tokyo! Was ne Stadt, so viel zu sehen und zu tun. In der Metropolregion wohnen mehr Menschen als in den Benelux-Staaten zusammen! What? Es gibt drei oder vier verschiedene U-/S-Bahn-Systeme. Trotzdem ist alles so gut organisiert, dass Orientierung nie ein Problem war. Verlaufen fast unmöglich, was eigentlich etwas schade war, denn für mich hat sich hier nie dieses Verloren-sein-Gefühl eingestellt. Ich hätte erwartet, dass die Stadt einen viel mehr erdrückt. Tut sie nicht. Auch wenn ich auf Reisen immer auf der Suche nach intensiven Eindrücken bin, in diesem Fall war weniger intensiv auf jeden Fall angenehmer. Dazu die unglaublich höfliche Art der Japaner und ich hab mich hier direkt wohlgefühlt. Das einzige, was mich wirklich genervt hat, waren die riesigen Strecken in der Stadt. Wenn man etwas sehen möchte, verbringt man viel Zeit in U-Bahnen. Das war ein Grund, warum ich trotz fünf Tagen hier lange nicht so viel gesehen hab, wie ich wollte. Der andere Grund war, dass die U-Bahnen ihren Dienst um 1 Uhr einstellen. Da Taxis bei den Strecken unbezahlbar sind, muss man beim Feiern bis zur ersten Bahn durchhalten und die fährt so gegen viertel sechs. Auch klar, dass ich dann nicht um 9 Uhr mit Sightseeing Programm angefangen hab.😋  Einen Tag habe ich mir für das Sumo Turnier reserviert und ich hab keine Minute davon bereut! Die großen Jungs im Ring zu sehen, die Abläufe und Traditionen - alles aus einer anderen Welt. Zum Beispiel die Zuschauerin, die beim Anblick ihres Favoriten laut kreischend zusammengebrochen ist: nix mit Zurückhaltung und Gesicht wahren. Naja, der Sumo war nur mäßig beeindruckt, er war das wohl gewohnt. Mit einem spektakulären Schulterwurf ging der Wettkampftag zu Ende. Wer die Gelegenheit hat eines der wenigen Turnieren zu sehen sollte unbedingt vorbeischauen! Ein anderes eher unerwartetes Highlight war das Festival, das im Asakusa Schrein direkt vor meinem Hostel abgehalten wurde. Das ist ein riesen Ding mit mehreren hunderttausend Besuchern, bei dem verschiedene Gruppen Schreine auf Bambusgestängen zum Hauptschrein tragen und sich dabei gegenseitig anfeuern. Der Höhepunkt des Festivals ist früh am Sonntag Morgen und für Touristen nicht zugänglich. Als ich aber mit der ersten U-Bahn (siehe oben) zurück kam, konnte ich trotzdem einen Blick erhaschen, insgesamt hatte ich aber meine Verfassung als nicht dem Anlass angemessen eingestuft und bin erstmal zurück ins Hostel, das wieder einmal großartig war. Der Ausblick auf den Tempel von der Küche aus sah aus wie ein Poster. Bei dem Festival spielen die Yakuza, die japanische Mafia, eine ziemlich große Rolle. Was da genau der Zusammenhang zum Festival und den Schreinen ist hab ich nicht herausgefunden, aber anhand des riesen Polizeiaufgebots könnte man abschätzen, dass die nicht nur zum Spaß da sind, auch wenn sie sich volksnah geben und auch gern für das ein oder andere Foto posen.
Dass man auf Reisen in einem Land immer wieder mal die gleichen Leute trifft ist ja soweit nix Ungewöhnliches. Eher ungewöhnlich war, dass ich zum Beispiel die Schweizerin, die ich im Amazonas kennengelernt hatte, einen Monat später in La Paz zufällig auf der Straße wieder getroffen habe. Oder der Ami, den ich in Peru kennengelernt habe, den gleichen Flug nach Japan gebucht hatte wie ich und wir uns dann in Japan noch zwei mal über den Weg gelaufen sind. Den Vogel abgeschossen hat aber der Israeli, der in Recife/Brasilien vor einem viertel Jahr das Dormbett unter mir hatte und den ich im Hostel in Tokyo auf der anderen Seite der Welt wiedergetroffen habe! Was für ein großartiger Moment und die Erkenntnis: so individuell sind Backpacker dann auch wieder nicht!
Unglaublich wie schnell die Zeit in Japan umging, kaum zu glauben, dass ich einen Monat hier war. Es gibt so viel mehr zu entdecken! Und ein Land, in dem schon der Supermarktbesuch ein Highlight ist oder der Geschmack einer Nudelsuppe einem Freudentränen in die Augen treibt, hat auf jeden Fall einen weiteren Besuch verdient! 
Arigato gozaimashita! Sayonara!

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Kommentare: 1
  • #1

    Sonne (Samstag, 21 Mai 2016 08:26)

    Hey, Andi, ganz großes Kino, das du uns da seit Wochen bietest! Bewunderns- und beneidenswert, was du erlebst!!! Einfach großartig! Erste Reihe beim Sumo scheint nicht die beste zu sein...Ein paar weniger Bilder von rohem Fisch wären toll... ;-) Schon ein Plätzchen für das heutige Pokalfinale gefunden? ;-) Ganz viele Grüße aus der Heimat...Sonne