Tag 110 - The Pursuit of Happyness

Eigentlich hätte dieser Blogpost so etwas wie "Sieben Tage in Tibet" heißen sollen. Aber meinen Plan von Nepal aus eine Tour nach Tibet um das Everest Base Camp (EBC) zu starten, konnte ich leider nicht umsetzen. Zum einen, da seit dem Erdbeben nur noch ein Grenzübergang offen ist und der Trip zum EBC daher mehrere Tage Umweg in Anspruch nimmt und zum anderen wegen der krassen Einreisebestimmungen der chinesischen Behörden. Dass man nach Tibet nur im Rahmen einer geführten Tour darf, war mir klar, aber dass die Erstellung der Einreiseerlaubnis zur Zeit mehrere Wochen dauert, nicht. Ich bin von max. 10 Tagen ausgegangen. Zudem werden im Moment nur wenige Touren angeboten, sodass ich unter Umständen noch mal länger hätte warten müssen. Und um das Chaos perfekt zu machen haben die chinesischen Behörden einen kompletten Einreisestopp für Mitte Juni angekündigt. Ich hätte also womöglich selbst mit Permit und Tour nicht ins Land gekonnt. Als Alternative hat sich/hat das Reisebüro Bhutan angeboten. Bhutan hatte ich eigentlich wegen der extrem hohen Visagebühren und der Verpflichtung, sich einer Tour anzuschließen, ausgeschlossen. Jetzt, da ich aber von den Preisen der Tibet-Tour vorgeprägt war, kamen mir die knapp 1500$ für fünf Tage gar nicht mehr soviel vor... Oh man! 
Ok, was weiß man so über Bhutan? Wahrscheinlich erstmal nix oder zumindest nicht viel. Hier sind die Facts! 
Das Land liegt im Osthimalaya zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern Indien und China eingeklemmt und war überraschenderweise nie unter Fremdherrschaft. Je nach Zählweise leben hier auf einer Fläche der Schweiz nur rund 700.000 Leute. Nationalsport ist Bogenschießen. Die Fußball-Nationalmannschaft war bis zu einem Sieg in der WM-Quali gegen Sri Lanka letzter in der FIFA-Weltrangliste. Im ganzen Land gibts keine Ampeln und der höchste Berg des Landes ist gleichzeitig der höchste nie bestiegene der Welt. 10% der Männer sind Mönche und fast alle Männer, Frauen, Kinder tragen im öffentlichen Raum die traditionelle Kleidung, was großartig aussieht! Uuund, die Bhutanesen sind angeblich das glücklichste Volk auf dem Planet! Warum das so ist? Ich will versuchen es herauszufinden.
Meine Tour ging direkt, nachdem der abenteuerlichen Anflug auf den Flughafen von Paro überstanden war, los. Zum ersten Mal bin ich mit einem Namensschild am Flughafen empfangenen worden. Davon hätte ich gern ein Bild! Anders als angekündigt und versprochen war ich der einzige in der Tourgruppe, also ein spitzen Betreuungsverhältnis: Guide, Fahrer und ich.
 
Das erste, was mir aufgefallen ist: Alle Häuser sehen fast gleich aus und geben ein schönes geschlossenes Stadtbild. Ausnahmslos alle Häuser haben wunderbare Verzierungen an der Fassade und unterm Dach. Zum Teil mit etwas gewöhnungsbedürftigen Motiven: es bleibt ein Rätsel, warum ausgerechnet riesige Penismalereien die Bewohner vor Unheil schützen sollen. Lustig ist es alle mal!
Meine Tour führte vom Flughafen in das Hauptstädtchen Thimpu, in dem Touristen abends die riesige Dzong - die für Bhutan typischen Festungs-/Kloster-/Verwaltungs-Gebäude - besichtigen können. Leider sind in Tempeln keine Fotos erlaubt, ihr müsst also selber mal hin und euch von der unglaublichen Pracht und den unglaublich detaillierten Wandmalereien ein Bild zu machen. Oder googelt mal nach "Dzong + Temple + inside" oder so. Außen aber darf man knipsen!
Am nächsten Morgen fuhren wir drei nach Punakha, auf einer Straße die stellenweiße sehr an die Deathroad in Bolivien erinnert hat. Auf dem Weg stoppten wir bei einem riesen Buddha, der für sich schon beeindruckend ist, in seinem Inneren aber Platz für 125.000 kleine Buddha Statuen hat, die nach und nach aufgefüllt werden. Angeblich werden die Baukosten von 3 Mrd. Dollar (!) von einem Chinesen und einem Singapurianer finanziert. Große große Frage: Warum? Ablass für ein paar ordentliche Sünden? Oder wissen die etwas, was der Rest der Welt noch nicht weiß? Es würde mich nicht wundern, wenn demnächst in Bhutan ein großes Vorkommen an seltenen Erden oder sowas entdeckt wird...
Update: Wikipedia spricht von Baukosten von rund 100 Mio. Euro, was mir sehr viel wahrscheinlicher vorkommt. Und das ist auch immer noch viel Geld fuer einen Ablass.

Einen weiteren Stopp haben wir bei einem wunderbaren Tempel gemacht, der von kinderlosen Paaren aus aller Welt besucht wird, die sich vom Segen die Erfüllung ihres Kinderwunsches erhoffen. In der Tat liegt dort ein dickes Album mit Bildern von glücklichen Familien aus, die sich bedanken. Nach einer weiteren malerisch gelegenen Dzong sind wir zurück zum Ausgangspunkt nach Paro. Überhaupt ist Bhutan super fotogen, kaum Plakate oder Hinweisschilder, die die Sicht versperren und die Hinweisschilder, die es gibt, sind der Hammer!

Das Hotel in Paro hat einen fantastischen Blick über Stadt, Dzong, Reisfelder und den Nordanflug auf den Flughafen, bei dem die Flieger kurz vor der Landung noch um einen Berg kurven müssen. Bei einem A319 sieht das alles andere als legal aus. WOAH!

 Von dort sind wir früh morgens zu einem der absoluten Highlights meines gesamten Trips aufgebrochen: dem Tiger Nest Kloster! Allein die Lage ist schon vom Tal aus atemberaubend! Und je näher man kommt, desto eindrucksvoller und unwirklicher wirkt er. Leider hatten sich schon jede Menge Leute vor uns auf den Weg gemacht - Inder und Chinesen en masse. Touris aus dem Westen sind immer noch rar, vielleicht zwei, drei Dutzend am Tag. Aber der Weg nach oben ist lang und mein Guide und ich haben uns gegenseitig motiviert, sind zusammen nach oben gedüst und haben dabei quasi alles überholt, was vor uns gestartet ist. Zwei, drei Leute waren vor uns oben und somit hatten wir die Gelegenheit den Tempel alleine zu genießen und wir hatten tatsächlich die Chance einige Minuten die unglaubliche Atmosphäre aufzusaugen. Nur wir, ein betender Mönch, der Geruch der Räucherstäbchen und das Bewusstsein an diesem außergewöhnlichen Ort zu sein! Vielleicht das spirituellste Erlebnis in meinem Leben.

Fünf unheimlich interessante Tage gingen mit einem weiteren Highlight zu Ende. Für den Rückflug konnte ich mir einen der begehrten Festerplätze auf der rechten Seite sichern. Begehrt, weil man von da mit etwas Glück den perfekten Blick auf den Mount Everest und seine Nachbarn hat! Wir hatten das Glück! Es fällt einem wirklich die Kinnlade runter, wenn der Berg fast auf Augenhöhe in Sicht kommt! Besser haben Messner und Yeti den auch noch nicht gesehen!

Warum sind sie also so glücklich, die Bhtanesen? Ich denke den einen Grund gibt es nicht und wie mein Guide meinte: jeder hat hier auch seine kleinen oder größeren Probleme. Viel macht bestimmt die recht homogene Bevölkerung sowie die Beibehaltung und das Leben von Traditionen aus, was den Menschen ein Wir-Gefühl gibt. Alle wohnen in zumindest von außen ähnlichen Häusern und tragen freiwillig ihre traditionelle Kleidung. Zusammen mit der Begrenzung von Einflüssen von außen und der Bewahrung der Natur ergibt das, denke ich, dieses Gefühl von Glück oder Zufriedenheit, das sich messen lässt. Oder es sind doch die Penisse and der Wand! :-)

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Kommentare: 1
  • #1

    Suwschramberg (Freitag, 03 Juni 2016 17:49)

    Respekt!!!
    Ist das ein toller Bericht.
    Bist Du nun auch unter die Schriftsteller gegangen?
    Und die aussagekräftigen Bilder. Wir können uns nicht daran satt sehen.